In mint schreiben watson-Autoren und freie Autoren aus aller Welt. Die Geschichten erkennt ihr auf der watson-Startseite an einem «m.» im Bild. So, und nun: Viel Spass. :)
Und nun zurück zum Artikel.
Instagram ist unser aller Chance,
endlich mal zu zeigen, wie wir wirklich sind: oberflächlich und überbelichtet.
Die Plattform hat sich erfolgreich als Ort des digitalen Kuschelns und
Konsumierens etabliert, ohne ihre Nutzer dabei mit lästigen Problemen wie
Clickbait-Artikeln oder Hassprosa in den Kommentarspalten zu
konfrontieren.
Ein Motiv hält sich seit Jahren besonders
hartnäckig: nackte Frauenbeine mit darüber oder daneben platzierten Kaffeetassen
– am besten von oben fotografiert.
Eine Kulisse, die so unschuldig
wirkt wie Kate Middletons Haarschnitt und gleichzeitig mit dem jugendlichen
Schmuddelfaktor von American Pie 1 ausgestattet ist. Ideal also, um nicht gegen
die Gemeinschaftsregeln zu verstossen und doch auf eine scheinbar subtile Art
und Weise zu zeigen: Schaut mal, ich kann auch sexy!
bild: shutterstock
Vorsicht, heiss!
Begleitet von quergeschnittenen
Avocado-Stückchen und MacBooks wirkt die Protagonistin auf dem
Foto zumindest genauso unberührt wie das Schokoladecroissant – und reproduziert
ganz nebenbei das glattrasierte Schönheitsideal anno 2012.
Anders als ein Dirndl-Dekolletee auf
dem Oktoberfest sind nackte Beine irgendwie immer ästhetisch, nie too much,
gerne gesehen und viel geliked. Sie kommen weder zu exhibitionistisch, noch zu
angestrengt rüber – suggerieren sie doch mit hashtags wie #butfirstcoffee, wie einfach und bewusst ihre Besitzerinnen leben.
Sie lesen
besonders zerfledderte Versionen von Jane Austen (#retro), legen Wert auf
schöne, weisse Bettdecken (#interiorlover) sowie frisch gebrühten Kaffee
(#coffeelovers) und wecken bei den Betrachtern die Vorstellung der liebevollen
Partnerin, ja, vielleicht sogar Bettgefährtin.
Wer sonst bekommt Einblick, in
diesen besonders intimen Ort?
bild: shuttertsock
Es wirkt fast verdächtig, dass
#coffeelove so oft alleine im Bett praktiziert wird, wo die bequemere Variante
doch eindeutig das Schlürfen direkt am Küchentisch bedeutet. Dafür muss frau nicht
einmal vorher die Fussnägel lackieren! Gerne würde man zur Abwechslung ein Foto
von der verdreckten Bettdecke sehen, als das geliebte Porzellan die Waagrechte
suchte. Oder ein Bild hinter den Kulissen von der einstündigen Vorbereitungszeit.
«I even painted my toenails for you»
Lena Meyer-Landrut
Vielleicht geht es ja gar nicht um den Kaffee. #Coffeeporn ist die beste Möglichkeit seine frischrasierten
Beinchen auch dann zu zeigen, wenn draussen der Schneesturm tobt. Die Nummer
sicher unter allen Beziehungen, das Understatement im entkoffeinierten
#cleanandhealthy-Epizentrum. Frauen, die Kaffee im Bett trinken, zeigen, dass
sie das Zeug zum Pferdestehlen haben. Sie sind brav und niemals «zu bitchy»,
denn sie offenbaren gerade so viel, dass weder Mutter, noch Schwägerin, ja nicht
mal die katholische Kirche darüber lästern kann. Eigentlich.
Denn wenn man genau hinsieht, sind
die Bilder ebenso berechenbar wie ein Pin-Up-Kalender aus dem Jahre 2002, in
dem sich vollbusige Models den Körper mit Sand beschmieren. Klar werden die
Fusspornfotos geliked – der Playboy verkauft sich schliesslich auch schon seit
gefühlt 250 Jahren. Eines sollte trotzdem im Hinterkopf behalten werden, bevor
man das nächste Mal auf Hochladen drückt: Geil finden diese Motive vor allem
ungevögelte 14-Jährige, die noch nie einen anderen Körper als den eigenen berührt
haben.
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Die beliebtesten Kommentare
Dä Brändon
16.03.2017 20:33registriert August 2015
Wie findet der Rest eigentlich diese Selbstdarstellung auf Instagram? Ich weiss nicht ob es an mir liegt, manchmal glaube ich dass ich der einzige bin der das so peinlich und lächerlich findet. Vorallem diese Fotos mit Hundeohren -und zunge. Wieso macht man das? Und dann alles noch mit diese # versehen die teilweise so behindert sind.
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